Ja zum % und Nein zum Geschlechtersternchen // 19-5-3

Ich halte die Neigung vieler Leute, "Geschlechtersternchen" im Sinne von "Bürger*innen" zu setzen, für unbefriedigend, und zwar in mehrfacher Hinsicht.

Zum einen löst es meiner Ansicht nach nicht das Problem, dass Diskriminierung im Kopf und nicht auf Papier stattfindet. Text ist wie Schatten an der Wand, und heilige Ernst, mit der diese Kämpfe geführt werden, erinnern mich an Platons Höhlengleichnis. Da ich aber nicht gewillt bin, mich mit Leuten zu streiten, die mich für einen potentiellen Minderheitenunterdrücker halten, muss eine geeignete Alternative gefunden werden.

Das Sternchen (oder Asterisk) * ist hier typographischer Unsinn, denn es wurde seit langem als Zeichen für Fussnoten oder (im Journalismus) für Tarnnamen verwendet. Als "Binnensternchen" wäre es logisch zwar knapp erträglich, wenn auch nach meinem Geschmack eine Hässlichkeit, aber es gibt ein weiteres Problem.

Neuerdings wurde behauptet, es stamme aus der "Programmiersprache", wobei aber wohl eher das sogenannte "pattern matching" oder Mustererkennung in verschiedenen Programmiersprachen gemeint ist. Dann wird es jedoch falsch verwendet, denn es kann in diesem Fall alles ersetzen, was Hinweise auf das Geschlecht geben würde; im genannten Beispiel also "Bürg*" — jedenfalls nicht "Bürger*innen" denn das würde auch auf etwas wie "Bürgeransinnen" passen. Dann wären wir jedoch wieder beim Problem, dass ein Asterisk am Schluss eines Wortes wie ein Fussnotenzeichen aussieht, und also nicht in Frage kommt. Wir brauchen ein anderes Zeichen.

Da ich nicht gewillt bin, zur Verhinderung unnötiger Diskussionen auf ASCII zu verzichten, und auch keine typographischen Krämpfe erleben will, kommen nur wenige Zeichen in Frage (keine Klammern, Satzzeichen oder sonstige bereits oft gebrauchte Zeichen), und zwar #$%&+<=>@^_|~ — aber auch davon sind bereits mehrere anderweitig belegt. # und @ würden von Socialmedialisten vermutlich missverstanden werden, $ sieht nach kapitalistischem Statement aus, + nach Werbung "Der neue Bürg+ arbeitet jetzt noch sparsamer!" oder nach Fussnote ebenso wie ^~ , wohingegen <=> an Vergleiche erinnern. Bei & denkt man an einen unvollständigen Firmennamen, | verwechselt man leicht mit den Buchstaben l oder I, und _ wirkt wie Lückentext.

Es bleibt % mit vielen Vorzügen: hinter Buchstaben kann man es nicht mit seiner Bedeutung als Prozentzeichen verwechseln, es kann verstanden werden als "ein Teil von diesem, einer von jenem", und zudem kann man darin je nach Geschmack die einen oder anderen Geschlechtsteile in stilisierter Form sehen.

Damit könnt ihr, meine geschätzten Les% (oder auch Zuhör%, falls jemand dies vorlesen lässt) nun eine stark verbesserte Version des "Geschlechtszeichens" geniessen, welche alle Männ%, Frau%, Bi- und Multipolar% sowie Transvest% und Transgend% einschliesst.

Allerdings garantiere ich nicht, dass ich der Versuchung immer widerstehen werde, zugunsten der Aesthetik darauf zu verzichten.

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